Krankengymnastik

Physiotherapie ist in ihrer Gesamtheit auf die Harmonisierung von Bewegungen und Körperfunktionen gerichtet. Ihr Ziel ist es, körpereigene Reaktionen zu steigern, und somit die körpereigenen Heilungsprinzipien zu verstärken. Physiotherapie dient der gezielten Behandlung gestörter Funktionen des Bewegungsapparates, aber auch der Vorsorge, den Bewegungsapparat und den Körper als Ganzes in seinem physiologischen Gleichgewicht zu halten. Dazu dienen zahlreiche passive Techniken, sowie aktive Bewegungsübungen. 

Indikationsbeispiele:

  • Verletzungen und Dysfunktionen des Bewegungs- und Stützapparates: Arthrose, Gelenkblockaden, Muskelzerrungen, Band- und Sehnenrupturen, Knochenbrüche, Meniskusschäden, Wirbelsäulen- und Bandscheibenerkrankungen, muskuläre Dysbalancen.
  • Erkrankungen innerer Organe: Herz- und Lungenerkrankungen, venöse Abflussstörungen, Schädigungen des Lymphgefäßsystems.
  • Neurologische Erkrankungen: Ischialgie, Bandscheibenvorfall, Schlaganfall, Karpaltunnel-Syndrom, M.Parkinson

Die Therapie ist nach dem Neurologen Dr. med. Alois Brügger benannt, der die Methode in seinem Forschungs- und Schulungszentrum in Zürich entwickelt hat. Er beschreibt in seinen Büchern, dass zahlreiche, als »Rheumatische Beschwerden« bekannte Erkrankungen des Bewegungsapparates auf Fehlbelastungen von Wirbelsäule und Gelenken durch eine schlechte Körperhaltung während des Alltages zurückzuführen sind.

 Hierzu zählen:

  •   Kreuzschmerzen
  •   Nacken, Schulter und Armschmerzen
  •   Ausstrahlende Schmerzen in die Beine (Ischialgie)
  •   Abnutzungserscheinungen an den Gelenken (Arthrosen)

Fehlbelastungen bedeuten eine Überbeanspruchung, vor allem der Muskeln und Sehnen. Im Gegensatz zur krummen Körperhaltung werden bei der aufrechten Körperhaltung die Aufbauelemente (Knochen, Gelenke, Band- und Kapselapparat, Muskelsystem) optimal, d. h. mit dem kleinsten Aufwand, beansprucht.

Bei der krummen Körperhaltung kommt es dagegen zur kompensatorischen vermehrten Kontraktion jener Muskeln, die in die aufrechte Körperhaltung drängen. Das Abweichen von dieser Position verstärkt die reflektorischen Verspannungen und lässt die Muskeln, die an diesen Bewegungen und Körperhaltungen beteiligt sind, schmerzhaft werden. Diese zentralnervös gesteuerten Mechanismen bilden die Grundlagen des »Weichteilrheumas«.

Eine erfolgreiche Therapie beinhaltet:

  • Erlernen aufrechter Körperhaltung während der Arbeit im Alltag
  • Korrektur der Statik des gesamten Körpers
  • Lösen der infolge länger anhaltender Muskelkontrakturen (Verkürzungen)

Die Manuelle Therapie befasst sich mit speziellen diagnostischen und therapeutischen Verfahren, die der Auffindung und Behandlung von reversiblen Funktionsstörungen am Bewegungsapparat dienen. Es handelt sich hierbei um spezielle Handgrifftechniken, die im Rahmen des Befundes dazu dienen, eine Bewegungsstörung im Bereich der Extremitätengelenke oder der Wirbelsäule zu lokalisieren und zu analysieren. Dieser Befund dient als Grundlage zu den therapeutischen Handgriffen, die vom Physiotherapeuten/ Krankengymnasten als Mobilisation durchgeführt werden. Die Handgriffe werden sowohl zur Schmerzlinderung als auch zur Mobilisation von Bewegungseinschränkungen eingesetzt, wenn diese durch eine reversible Funktionsstörung des Gelenks oder der diesem Gelenk zugehörigen Muskulatur hervorgerufen werden. Die Auswahl der jeweiligen Mobilisationstechniken, die der Physiotherapeut einsetzt, wird bestimmt durch den Befund, die eingeschränkte Bewegungsrichtung und die Form des Gelenks. 

 Bei der Traktion werden die Gelenkpartner durch manuellen Zug voneinander entfernt, was zu einer Druckminderung, Entlastung und  auch zur Schmerzlinderung führt. Eine gleichzeitige Dehnung der Gelenkkapsel und der Bänder verbessert die Beweglichkeit.

Beim translatorischen Gleiten werden die Gelenkanteile parallel gegeneinander bewegt, um das verloren gegangene Gelenkspiel  und damit die Beweglichkeit wieder herzustellen. Daneben dient die Weichteilbehandlung mit verschiedenen Entspannungs- und Dehn Techniken dazu, die Muskulatur so zu verlängern, dass sie sich dem neugewonnenen Gelenkspiel anpassen kann.

Alle Techniken finden sowohl bei Funktionsstörungen an den Extremitätengelenken, als auch an den Gelenken der Wirbelsäule ihre Anwendung. Mit der Manuellen Therapie steht den Physiotherapeuten eine gezielte, gelenkschonende, und meist schmerzfreie Behandlungstechnik zur Verfügung, die bei Funktionsstörungen der Gelenke neben der krankengymnastischen Behandlung angewendet wird.

Das Bobath-Konzept wurde 1943 von der Krankengymnastin Berta Bobath und ihrem Ehemann, dem Neurologen Dr. Carl Bobath entwickelt, als Frau Bobath erkannte, dass sich die Spastik in Abhängigkeit von der Lagerung und Stellung des Körpers entwickelt.

Die Ziele des Bobath-Konzeptes:

  • Verbesserung der hemiplegischen Seite in Koordination mit der gesunden Seite
  • Wiedererlernen verlorengegangener Bewegungsfähigkeiten
  • Hemmung der Spastizität und der abnormen Haltungs- und Bewegungsmuster
  • Entwicklung der Körpersymmetrie und des Gefühles von Körpermitte
  • Verhindern von Schmerzen und Kontrakturen
  • Erhöhen von Selbständigkeit und Sicherheit in alltäglichen Situationen

Physiologisch macht sich das Bobath-Konzept die Plastizität des Gehirns, also dessen lebenslange Lernfähigkeit zunutze. Dabei ist es wichtig, dass  immer wieder die richtigen Anweisungen gegeben werden, damit der Patient so viel wie möglich und richtig lernt. Eine besondere Bedeutung kommt dabei der Sensibilisierung des Tastsinns zu. So ist das Gehirn in der Lage, ohne die Kontrolle anderer Sinne jederzeit Informationen über die Lage und Stellung des Körpers und der Extremitäten zueinander zu erhalten. Zu Beginn der Therapie kann der Patient seine betroffene Seite in der Regel nicht aktiv einsetzen. Das erlernt er mithilfe seines Therapeuten.

Der bei Krankheitseintritt noch schlaffe Muskeltonus wird normalerweise nach wenigen Wochen spastisch. Spastik bedeutet, der Muskeltonus ist krampfartig erhöht und nimmt bei einer Dehnung weiter zu. Das kann auch zu übersteigerten Reflexen und unkontrollierten Bewegungsreaktionen führen. Der Patient sollte Bewegungsabläufe erlernen, die den spastischen Muskeltonus hemmen, damit er selbst den Muskeltonus beeinflussen kann. Durch die Lagerung soll die Spastik ebenfalls gehemmt werden. Außerdem wird durch die therapeutische Lagerung eine erste Anbahnung von physiologischen Bewegungen erreicht. Bei der Mobilisation setzt der Patient die Fähigkeiten der nicht gelähmten Seite ein, der Therapeut kontrolliert und unterstützt Bewegungsabläufe der hemiplegischen Seite.

Insgesamt ist eine Kooperation des gesamten therapeutischen Teams erforderlich, um ein gezieltes Selbsttätigkeitstraining in alltäglichen Situationen im Sinne des Bobath-Konzeptes durchzuführen. Zunächst werden Gleichgewichtsübungen und Training zur Rumpf- und Kopfkontrolle durchgeführt. Später wird das Stehen, Gehen und Einsetzen des Armes erarbeitet.

Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation bedeutet das Zusammenspiel von Nerven und Muskulatur. Gemeint ist damit in der Physiologie die Reizbildung und -leitung im nervalen und muskulären System für ein sinnvolles Zusammenspiel aller Muskeln und Gelenke des Körpers. Die Methode wurde in den Jahren 1946 bis 1951 in Amerika von dem Neurophysiologen Dr. Kabat und der Physiotherapeutin Margaret Knott entwickelt. Sie basiert auf neurophysiologischen Grundprinzipien, die von Sherrington, Hellebrandt, Pavlow u. a. beschrieben wurden. Diese aktive Methode besteht aus definierten Bewegungsmustern, orientiert an der normalen motorischen Entwicklung.

Die Bewegungsmuster (Pattern) zeigen sich in Halte- (statisch) und Bewegungsfunktionen (dynamisch) unseres Körpers. Überwiegend sind sie für das nicht geübte Auge weniger auffällig, obwohl sie bei normaler Motorik immer vorhanden sind. Sie verlaufen dreidimensional und diagonal, da die Muskulatur spiralig angelegt ist. Mit diesen definierten Bewegungsmustern und bestimmten Techniken wird therapeutisch gearbeitet. Es werden Stimuli wie z. B. Druck, Zug, Dehnung und Widerstand, Extero- und Propriozeptoren ausgenutzt. ln einer festgelegten Art und Folge durchgeführt, kommt es zu den erwarteten Reaktionen im Sinne einer vermehrten Muskelkontraktion oder auch -entspannung. (Anbahnung bzw. Erleichterung einer Bewegung).

Ziele der Anwendung sind:

  • Muskelspannung normalisieren (Spastizität herabsetzen oder schwache bzw. gelähmte Muskeln aktivieren).= fazilitieren
  • Fördern der motorischen Kontrolle
  • Fördern der Mobilität
  • Fördern der dynamischen Stabilität, Ausdauer, Kraft
  • Fördern der Geschicklichkeit, Koordination

Die Auswahl und Durchführung der Pattern und Techniken richten sich immer nach der individuellen Situation des Patienten. Die Therapie erfasst den Menschen ganzheitlich und setzt immer bei seinen stärksten Körperabschnitten an, um gezielt die Schwächen im Sinne der motorisch normalen Funktionen zu erreichen. Auch psychologisch bedeutet dieser Therapieansatz, dass der Patient seine Stärken erspürt und positiv motiviert gezielte Aktivitäten aufbauen kann.

Behandlung auf neurophysiologischer Grundlage

E-Technik® nach dem Hanke-Konzept ist eine neurophysiologische Therapie, bei der es darum geht, versteckte Defizite aus der frühkindlichen Entwicklung aufzuspüren und diese ganz gezielt auszugleichen.

Diese auf der Basis des Vojta-Prinzips entwickelte Methode wird bei Kindern und Erwachsenen mit gestörten Haltungs- und Bewegungsmustern angewendet, oftmals in Kombination mit Physiotherapie, manueller Therapie und Osteopathie.

Für die Abstimmung von Haltung und Bewegung entstehen schon im ersten Lebensjahr bestimmte Muster, die lebenslang im Hintergrund erhalten bleiben. Beim Drehen und Kriechen lernt ein Kind, das Nervensystems, die Muskeln, Sehnen, Bänder und Gelenke immer besser bewusst zu kontrollieren, bis es sich schließlich aufrichten und laufen kann.

Mit der E-Technik® können diese Muster jederzeit abgerufen und wiederbelebt werden, wenn

  • eine Entwicklungsstufe nicht genug ausgelebt wurde und die Feinkoordination nicht passt
  • die optimale Bewegungsfähigkeit durch einen Unfall verloren gegangen ist
  • wenn ein Bandscheibenvorfall die Beweglichkeit einschränkt
  • wenn das Gehirn durch einen Schlaganfall oder durch Multiple Sklerose (MS) geschädigt ist

Dazu wird der Patient in verschiedenen festgelegten Positionen gelagert. Über gezielten Druck an bestimmten Punkten, den sogenannten „Aktionsverstärkern“, stimuliert der Therapeut die Muskulatur im Sinne der angeborenen Grundmuster. So erhält das Gehirn den Impuls, den Spannungszustand und die Zusammenarbeit verschiedener Muskelgruppen zu überprüfen und zu korrigieren. Nach einiger Zeit beginnt der Körper sich wieder harmonisch zu organisieren und die normalen Bewegungen erneut zu erlernen.

Diese Methode kommt zum Einsatz, wenn das natürliche Bewegungsbild aufgrund von Störungen durch Schädigung, Verletzung oder Schmerzen verändert ist, wie es z. B. bei neurologischen Erkrankungen. Die Therapie ist auch nach komplizierten Operationen mit Bewegungsverbot sofort anwendbar und kann dem Heilungsprozess wichtige Impulse zu geben.

Gerade die Behandlung von Kindergarten- und Schulkindern ist ein wichtiges Arbeitsfeld für die E-Technik®. Sehr viele Kinder sind heute durch Bewegungsmangel und Erziehungsfehler motorisch nicht mehr voll ausgereift. Bei Koordinationsstörungen lässt sich mit der E-Technik® schnell eine bessere Kontrolle erreichen.